Ja zu hohen Polit-Gagen, nein zu Bashing

In der Debatte über Politikerbezüge verteidigt Politologe Reinhold Gärntner hohe Gehälter. Allerdings müsse man auch die Leistungsfrage stellen. Im Interview fordert er statt eines Politiker-Bashings Moral für andere Bereiche.

Politologe Reinhold Gärtner Uni Innsbruck

ORF

Politologe Reinhold Gärtner

Was halten Sie von der aktuellen Debatte über die Höhe von Politikergehältern?

Es ist grundsätzlich notwendig und sinnvoll, über Gehälter im öffentlichen Bereich zu reden. Es gibt aber in Österreich eine Gehaltspyramide, wir wissen genau wieviel ein Nationalratsabgeordneter, eine Landtagsabgeordnete verdient. Es gibt auch Grenzen des Dazuverdienens, darüber soll man durchaus reden. Aber das soll nicht zum Politiker-Bashing werden. Wir leben in einem kapitalistischen System, da ist es legitim, Geld zu verdienen. Wenn ich die besten Leute als Politiker haben möchte, muss ich auch entsprechend bezahlen. Ich glaube, dass hier noch ein Verbesserungsbedarf wäre dahingehend, dass das Ganze noch transparenter wird. Dass man dazu steht, für gewisse Leistungen eine gewisse Entlohnung zahlen zu müssen.

Politikergehälter sind schon offengelegt, in der Kritik sind vor allem Mehrfachgehälter aus öffentlichen Gehältern. Sollte es hier Grenzen geben?

Es gibt Grenzen und es gibt auch Unvereinbarkeitsregeln und es ist redlich, das zu kontrollieren, aber ohne eine Neiddebatte zu entfachen. Wenn müsste man über alle öffentlichen Gehälter reden und nicht nur über die von Politikern.

Geht es in der Diskussion um Neid – oder kommt hier auch ein Bedürfnis nach Moral zum Ausdruck?

Es geht sicher auch um ein Bedürfnis nach Moral, das ich mir aber in anderen Bereichen auch wünschen würde, nicht nur in der Politik. Ob Moral überall so weitverbreitet ist, könnte man jetzt lange diskutieren. Grundsätzlich ist es legitim, Geld zu verdienen und das muss uns etwas wert sein. Allerdings muss man dann auch diskutieren, ob die Leute die entsprechende Leistung bringen.

Zur Person

a.Univ.Prof. Reinhold Gärtner ist seit 1985 am Institut für Politikwissenschaft tätig. Sein Schwerpunkt ist das politische Systems Österreichs und der Vergleich politischer Systeme. Seit 1997 veranstaltet er Kurse für rechtsextrem auffällige Jugendliche.

Was könnte man in Hinblick auf die angesprochene Transparenz verbessern?

Einfach offenlegen, wie diese Daten zustande kommen, wer wieviel verdient. Es wäre sinnvoll, eine gewisse Vergleichbarkeit von Gehältern herzustellen. Wir reden bei Politikern hauptsächlich von Bruttogehältern, bei unseren eigenen Gehältern denken wir an Nettogehälter, d.h. es wäre sinnvoll wie in den USA ein Jahresbruttogehalt öffentlich zu machen und das könnte man dann sehr viel leichter vergleichen. Da kann man auch schauen, ist das gerechtfertigt oder nicht.

Müsste man auch die Parteien selbst ein bisschen mehr in die Pflicht nehmen? Stichwort Mehrfachbezüge in halbpolitischen Ämtern, z.B. fünf Ämter neben einem Landtagsjob.

Sicher! Ich glaube, dass die Parteien da einiges dazu leisten könnten. Da sind wir bei den vielzitierten Versorgungsposten, da könnte man noch viel einsparen und effizienter machen.

Was halten Sie von einer Einkommensobergrenze für Politiker?

Dafür müsste man grundsätzlich das kapitalistische System in Frage stellen. Einkommensübergrenzen gibt’s z.B. im Sport nicht, auch im Kulturbereich. Und dann gibt’s jene, die deutlich unterbezahlt sind. Ich denke eher, es gibt Unvereinbarkeitsregeln, es gibt eine Gehaltspyramide und es gibt Transparenz, die könnte man noch ausbauen.

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