Wörgl wartet weiter auf Schutzdamm

Zehn Jahre nach dem Jahrhunderthochwasser ist in Wörgl immer noch nicht der ersehnte Damm gebaut worden. Über 400 Gebäude waren damals vom Hochwasser betroffen, der Schaden ging in die Millionen.

Am 23. August 2005 brach der Hochwasserschutzdamm beim Pumphaus in Wörgl. Ein ganzer Stadtteil wurde überschwemmt. Nach den Überschwemmungen wurde der Gefahrenzonenplan überarbeitet, seitdem liegt der Ortsteil Gießen samt Gewerbegebiet in der Roten Zone. Für die Menschen bedeutet das gravierende Einschnitte z. B. beim Wert ihrer Immobilie.

HOchwasser Wörgl 2015

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In einer Woche wird am Ort des Dammbruchs ein großes Treffen stattfinden. „Wie ist es möglich, dass ein ganzer Stadtteil von Wörgl ungeschützt bleibt? Es sind über 250 Ein- und Mehrfamilienwohnhäuser sowie mehr als 30 Industriebetriebe betroffen. Weshalb werden wir im Regen stehen gelassen“, fragt Gerhard Unterberger von der Bürgerinitiative „Hochwassersicheres Wörgl“.

Initiative beklagt Verzögerung

Zuerst seien ökologische Gründe ins Spiel gebracht worden, dann die Regensburger Verträge, jetzt das Österreichische Wasserrecht – alle zwei Jahre werde die Taktik geändert um die Sache zu verschleppen, so Josef Schernthaner von der Bürgerinitiative. Mit einem Schutzdamm wäre man die Rote Zone los. Geplant wäre der 1,2 Kilometer lange Wall im Wörgler Gewerbegebiet zwischen Autobahn und Inn, die geschätzten Kosten liegen bei einer Million Euro.

Erst kürzlich wurde jedoch das von der Stadt Wörgl gestellte Ansuchen um Baugenehmigung abgelehnt. „Warum wurde beispielsweise in Kirchbichl 2013 der Hochwasserschutz zugunsten des TIWAG-Kraftwerkes sehr wohl erneuert, in Wörgl durfte aber nichts geschehen. Wir haben den Antrag auf unseren Damm im Feber 2013 eingebracht. Im Juli 2015 erhielten wir die schriftliche Ablehnung“, sagt die Wörgler Bürgermeisterin Hedi Wechner (SPÖ).

Große Retentionsflächen nötig

Ein Damm allein reicht dem Land nicht. Bei einem Hochwasser müsse sich der Inn genügend ausbreiten können, d.h. es brauche große Retentionsflächen, die Wörgl nicht hat, die aber mittlerweile gesetzlich vorgeschrieben sind. „Die Stadt Wörgl ist alleine nicht in der Lage, gesetzeskonform ihr Problem zu lösen. Deshalb hat das Land Tirol die Gemeinden aufgerufen, gemeinsam das Problem zu bewältigen“, so der zuständige Landesrat Josef Geisler (ÖVP).

Felder RAdfeld

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Radfeld müsste 177 Hektar für Retentionsflächen zur Verfügung stellen

Doch so einfach ist es mit der gemeindeübergreifenden Kommunikation nicht. Kundl und Radfeld müssten für Wörgl die meisten Flächen hergeben. Radfeld ganze 177 Hektar. Da gehe es um die Existenz vieler Bauern, so Radfelds Bürgermeister Josef Auer (SPÖ): „Aber es geht auch um den Ort selbst. Der geplante Retentionsraum bietet für Radfeld keine Luft mehr zum Atmen.“

Wie hoch die Entschädigungen sind, ist ebenso ein Streitpunkt: Es sei mittlerweile ein Entschädigungsmodell ausgearbeitet, so LR Geisler, das für die betroffenen Grundeigentümer zur Verfügung stehe. Es sei klar, dass die Grundbesitzer zu entschädigen sind, so Wechner. Sie habe aber den Eindruck, das Land fürchte sich vor seinen Bauern und fürchte, ein Machtwort zu sprechen. Enteignungen kann sich Wechner allerdings nicht vorstellen. Einen Horizont gibt es: Im Wahljahr 2018 muss nach Vorgabe von Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) auf jeden Fall mit dem Bau des Damms begonnen werden.