Knapp 20.000 in Tirol auf Arbeitssuche

Derzeit sind laut AMS in Tirol 17.810 Menschen arbeitslos gemeldet, zusätzliche 2.044 Personen befinden sich in Schulungen. Gegenüber dem Juli des Vorjahres liegt die Zunahme bei 2,6 Prozent. Besonders hoch ist der Anstieg bei den Langzeitarbeitslosen.

Knapp 1.800 Personen waren im Juli 2015 in Tirol länger als ein Jahr arbeitslos, das sind fast 500 mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Bei jenen, die sechs Monate und länger arbeitslos sind, stieg die Zahl sogar um 800 Personen. Lediglich in der Altersgruppe bis 24 Jahre ist die Arbeitslosigkeit gesunken, erneut stark gestiegen ist die Zahl der Arbeitslosen bei den über 50-Jährigen (+8,6 Prozent).

Ost-West-Gefälle bei Anstieg

Stark stieg die Zahl der Arbeitslosen mit plus 18,9 Prozent in Wien, gefolgt von Oberösterreich mit plus 11,3 und Niederösterreich mit plus 9,3 Prozent. In Vorarlberg waren es 2 Prozent, in Tirol 2,6 und in Salzburg 6,3 Prozent - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.

Fehlende Ausbildung

Knapp über 4.000 der 17.810 Arbeitslosen sind ausländischer Herkunft, das entspricht einer Zunahme von 11,2 Prozent gegenüber dem Juli des Vorjahres. Weiterhin stellen Personen, die lediglich einen Pflichtschulabschluss haben, mit über 40 Prozent den größten Anteil an der Gruppe der Arbeitslosen. Die Liste Fritz fordert diesbezüglich deshalb „in jedem Bezirk wenigstens einen Kurs zum Nachholen des Schulabschlusses und des Lehrabschlusses einzurichten. Das sind minimale Kosten bei maximalem Nutzen“, so Andrea Haselwanter-Schneider. Diesbezügliche Landtagsinitiativen seitens der Liste Fritz würden regelmäßig von ÖVP und Grünen abgelehnt werden, so Haselwanter-Schneider.

Anstieg bei Gesundheits- und Sozialberufen

Den größten Zuwachs bei der Arbeitslosigkeit nach Sparten gab es im Gesundheits- und Sozialwesen mit einem Plus von über zehn Prozent. Nach Berufen ausgewählt gab es mit 14 Prozent den markantesten Anstieg bei den Lehr- und Kulturberufen sowie mit zehn Prozent bei den Reinigungsberufen. Gründe für die hohe Arbeitslosigkeit seien die schwächelnde Konjunktur, der Zuzug von Arbeitskräften aus den neuen EU-Staaten sowie strengere Pensionsantrittsregelungen, so AMS-Tirol-Chef Anton Kern.

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Tirols AMS-Chef Anton Kern war Montagabend zu Gast in „Tirol heute“. Seiner Meinung nach könnte man die Zumutbarkeitsbestimmungen nur in manchen Bereichen verschärfen.

In vier Regionen gab es einen Rückgang bei den Arbeitslosenzahlen, und zwar in Imst, Landeck, Schwaz und Reutte. In den restlichen Bezirken stieg die Arbeitslosigkeit, wobei Innsbruck mit 5,8 Prozent den höchsten Anstieg verzeichnete.

Sommertourismus wirkte sich günstig aus

Leicht positive Signale gebe es im Bereich Herstellung von Waren, wo die Arbeitslosenzahlen erstmals seit Feber 2013 leicht rückläufig sind, ebenso wie im Handel – hier gibt es den ersten Rückgang seit Dezember 2012. Auch der Sommertourismus wirke sich günstig auf den Arbeitsmarkt aus. Zudem seien knapp 1.500 freie Lehrstellen beim AMS gemeldet.

Arbeitslandesrat Johannes Tratter (ÖVP) sieht die Entwicklung am Arbeitsmarkt „vorsichtig positiv“, Tirol habe beim Anstieg der Arbeitslosigkeit den zweitniedrigsten Wert nach Vorarlberg: „Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass der aktive arbeitsmarktpolitische Kurs des Landes – vom Beschäftigungspakt bis hin zur Fachkräfteoffensive - sowie unsere kontinuierlichen Investitionen, wie zuletzt das Impulspaket, zu greifen beginnen.“

Die steigenden Beschäftigungszahlen sollten nicht über die Rekordarbeitslosigkeit hinwegtrösten, so Landesrätin und ÖAAB-Landesobfrau Beate Palfrader in einer Aussendung. Man sollte „zumindest über eine neue Verteilung des Arbeitsvolumens nachdenken und diskutieren dürfen“, so Palfrader. Dazu zählt Palfrader etwa die Verteuerung von Überstunden für Arbeitgeber, eine Einschränkung von so genannten All-in-Verträgen, aber auch neue Möglichkeiten zu individueller Arbeitszeitverkürzung.

Bodenseer für „Flexibilität bei Zumutbarkeit“

Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Bodenseer fordert angesichts der Zahlen mehr Flexibilität bei der Zumutbarkeit für Arbeitslose. Bodenseer spricht sich u.a. für eine Lockerung der Wegzeit, den Entfall des Berufsschutzes sowie Verlust des Arbeitslosengeldes bzw. des Notstandshilfeanspruchs bei „wiederholter Jobverweigerung“. Gleichzeitig dürfe man aber keine Arbeitsunwilligen ohne Ausbildung in den Arbeitsmarkt drängen, so Bodenseer.