Schadstoffe lassen Fische verweiblichen

Umweltgifte in Hochgebirgsseen lassen Fischmännchen weiblicher werden. Das fanden Tiroler und spanische Forscher heraus. Das könnte auch für die Humanmedizin interessant sein, da das Hormonsystem des Menschen dem der Fische ähnlich ist.

Die Forscher hatten die Fische von neun Hochgebirgsseen in den Pyrenäen und der Hohen Tatra unter die Lupe genommen. Im Blut, der Leber und im Muskelgewebe entdeckten sie zahlreiche Giftstoffe, unter anderem Hexachlorbenzol (HCB), das als Luftschadstoff in die Seen gelangte. Besonders junge männliche Forellen reagierten auf HCB mit einer rasch einsetzenden Verweiblichung, sagt der Zoologe Reinhard Lackner von der Universität Innsbruck, „die männlichen Fische schlucken unfreiwillig die Antibabypille“.

Erst seit 2004 weltweit verboten

Unter anderem bilden die Fische Vitellogenin, das ist der Vorläufer eines Eidotterproteins, das normalerweise nur bei geschlechtsreifen Weibchen vorkommt. HCB gehört laut den Forschern zu den gefährlichsten Chemikalien überhaupt, bis zum weltweiten Verwendungsverbot 2004 sei die Chemikalie breit verwendet worden, und noch immer komme es zu Freisetzungen. In letzter Zeit war HCB im Kärntner Görtschitztal Thema, wo nach HCB-Freisetzungen auch beim Menschen erhöhte Werte gefunden wurden - mehr dazu in HCB-Bluttests: 25 Menschen über Referenzwert.

Bachforelle

Reinhard Lackner

Bachforelle

Auch wenn der Verzehr der verweiblichten Fische nach bisherigem Wissensstand unbedenklich sei, schlagen die Forscher dennoch Alarm. Der Grund dafür sei, dass das Hormonsystem der Fische dem des Menschen sehr ähnlich ist und der Mensch unter dem zunehmenden Einfluss hormonell aktiver Stoffe steht. Die hormonellen Wirkungen seien aber nur ein Aspekt, denn organische Chlorverbindungen wie HCB gelten darüber hinaus als krebserregend, fruchtschädigend und als Gift für das Nervensystem.