Rechnungshof offenbart Hypo Tirol-Desaster

Der Rechnungshof hat in seinem Bericht zur Hypo Tirol Bank zahlreiche Mängel festgestellt. Vor allem bankintern seien bei der Kreditvergabe im Ausland in den vergangenen Jahren viele Fehler passiert, die die Bank viele Millionen Euro kosteten.

Auf Verlangen des Tiroler Landtags prüfte der Rechnungshof die Hypo Tirol Bank AG sowie der Tochtergesellschaften und der Landes–Hypothekenbank Tirol Anteilsverwaltung - mehr dazu in Rechnungshof prüft Hypo Tirol. Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Entwicklung der strategischen Ausrichtung, der Wahrnehmung der Berichtspflichten und Verantwortung der Entscheidungsträger, des Risikomanagements sowie einzelner Investitionsprojekte.

Nach Angaben des Rechnungshofs verfolgte die Hypo Tirol Bank in den Jahren 2003 bis 2008 einen Wachstumskurs, der auf mehreren Strategien beruhte. In diesem Zeitraum habe sie ihr Kreditvolumen unter Hereinnahme hoher Risiken ausgeweitet. Die Verfolgung der strategischen Wachstumsziele sei unter anderem durch Ausweitung des Kreditengagements außerhalb der strategischen Märkte sowie in Branchen, für die Spezialkenntnisse fehlten, erfolgt.

Millioneninvestition in Solaranlage in Deutschland

Im Jahr 2008 beschloss der Hypo-Vorstand der M-Solar Technology AG (M-Solar), einem deutschen, in der Solarbranche tätigen Unternehmen, mehrere Kreditfinanzierungen zu gewähren. Obwohl die M-Solar erstmals operativ tätig wurde und die Hypo Tirol nicht über das für die Beurteilung derartiger Projekte erforderliche Spezial-Know-how verfügt habe, habe die Bank die gesamte Finanzierung der Pilot-Aufdach-Solaranlage und das gesamte damit verbundene Risiko übernommen.

Bei Investment gegen eigene Beschränkung verstoßen

Indem die Hypo Tirol damit ein Kreditengagement eingegangen sei, das sowohl bezüglich der Branche als auch des geografischen Marktes gegen die festgelegten Kreditvergabebeschränkungen verstoßen habe, habe sie sich über ihre eigene Kreditrisikopolitik hinweggesetzt, so der Rechnungshof in seinem Bericht.

Im Dezember 2009 wurde über die M-Solar ein Insolvenzverfahren eröffnet. Per Ende Juni 2013 betrugen die offenen Kreditforderungen rund 20,17 Mio. Euro Hypo gewinnt Prozess um Solar-Kredite.

Mehr Einzelwertberichtungen im Ausland

Wie der Rechnungshof aufzeigt, hat in der Hypo Tirol ab dem Jahr 2008 ein erhöhter Bedarf an Einzelwertberichtigungen bestanden. Dieser Bedarf habe sich im Italien– und Deutschlandgeschäft überproportional zum Österreichgeschäft entwickelt. So hätten im Jahr 2012 die gebildeten Wertberichtigungen im Italiengeschäft 15,5 Prozent, im Deutschlandgeschäft 8,5 Prozent und in Österreich 2,5 Prozent der Kundenforderungen betragen.

Forderungen an Kunden und Einzelwertberichtigungen 2001 bis 2012

HYPO Tirol

Forderungen an Kunden und Einzelwertberichtigungen 2001 bis 2012

Aufgezeigte Schwachstellen mangelhaft kommuniziert

Wiederholt hätten im Zeitraum 2001 bis 2011 interne und externe Prüfungsinstitutionen auf System– und Prozessmängel bei der Hypo Tirol Bank hingewiesen. Die Kommunikation festgestellter Schwachstellen der internen und externen Prüfungsinstitutionen durch den Vorstand an den Aufsichtsrat sei mangelhaft gewesen. So seien wesentliche Feststellungen der Abteilung Revision nicht in die Quartalsberichterstattung eingeflossen oder Prüfungsfeststellungen der Nationalbank in den Aufsichtsratssitzungen teilweise unerwähnt geblieben.

Millionenabschreibung bei Kredit an Gruppo Basso

In den Jahren 2004 und 2007 habe die Hypo Bank der Gruppo Basso - einem im Immobilien- und Baugewerbe im norditalienischen Raum tätigen Unternehmen - zwei Kredite vergeben. Obwohl die internen Richtlinien keine Finanzierungen außerhalb des Kernmarktes - das war zum Zeitpunkt der Kreditgewährung in Italien die Region Trentino/Südtirol – vorgesehen habe, habe der Vorstand im Jahr 2004 den Kredit über 16 Mio. Euro genehmigt. Im Jahr 2007 seien zusätzlich 17 Mio. Euro an Kredit vergeben worden. Zusammen mit dem Kredit 2004 sei das Gruppenkreditlimit von 30 Mio. Euro überschritten worden.

Es seien dabei des öfteren eigene Richtlinien sowie Hinweise der Nationalbank ignoriert worden. Im Jahr 2013 habe die Hypo Bank 25,4 Mio Euro an Forderungen abgeschrieben. Kurz später seien die Handelslizenzen für die Gruppo Basso aufgehoben worden.

Nachlesen:

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Kredit an Gruppo Delta

Als drittes Kreditfiasko erwähnt der Rechnungshof in seinem Bericht die Gruppo Delta, die sich auf Direktkredite, Vergabe von Konsumkrediten, Leasing und Finanzierung mit Gehaltsverpfändungen spezialisiert hatte. 2007 erhielt die Gruppo Delta einen Kredit in Höhe von 10 Mio. Euro, im Jahr 2008 einen weiteren Kredit über 8 Mio. Euro. Im Jahr 2009 wurde die gesamte Gruppo Delta unter kommissarische Verwaltung gestellt. Die Hypo Tirol habe daher eine Wertberichtigung in Höhe von 6,13 Mio. Euro vornehmen müssen.

Mangelnde Zweisprachigkeit der Italien-Mitarbeiter

Zudem seien auch dem Vorstand keine vollständigen Informationen zum Italiengeschäft vorgelegen. Grund dafür sind nach Einschätzung des Rechnungshofs mangelhafte Schnittstellen zu den in Italien eingesetzten EDV–Systemen. Auch die mangelnde Zweisprachigkeit der zuständigen Mitarbeiter wird im Rechnungshofbericht erwähnt.

Die konsequente Verfolgung der Wachstumsstrategien ohne gleichzeitige Ausgestaltung entsprechender interner Systeme und Prozesse trug nach Urteil des Rechnungshofs zu einem zusätzlichen Abschreibungsbedarf im Italiengeschäft von rund 120 Mio. Euro im Jahr 2011 und letztendlich zu einer beihilfenrechtlich relevanten Kapitalzuführung des Eigentümers in Höhe von 220 Mio. Euro im Jahr 2012 bei - mehr dazu in EU genehmigt Hypo-Finanzspritze.

Deutliche Kritik an Vergütung des Vorstands

Als kritikwürdig stuften die Prüfer des Rechnungshofs auch die Bezahlung des Vorstands insbesondere angesichts des gestiegenen Wertberichtigungsbedarfs für Italien und der noch ungeklärten Verantwortung der Vorstände in diesem Zusammenhang ein. Die Hypo Tirol habe sich nachweislich nicht davon überzeugt, ob die Voraussetzungen für die Auszahlung vorgelegen hätten.

Auch die Hypo Tirol Italien habe demnach trotz ihrer schwerwiegenden wirtschaftlichen Probleme dem Vorsitzenden des Gesamtvorstands der Hypo Tirol Italien im Zuge der einvernehmlichen Vertragsauflösung Ende 2010 freiwillig rund 289.000 Euro bezahlt.

Empfehlungen des Rechnungshofs

In seinem abschließenden Bericht spricht der Rechnungshof insgesamt 42 Empfehlungen aus. So wären unter anderem die Bezüge der Mitglieder des Vorstands der Hypo Tirol aus Transparenzgründen offenzulegen. Auch die Verantwortung der ehemaligen Vorstandsmitglieder wäre unter Abwägung des ökonomischen Prozessrisikos sowie Schadenersatzmöglichkeiten weiterzuverfolgen.

Zudem solle künftig rascher auf bekannt gewordene Schwächen im internen Kontrollsystem reagiert werden und dann umgehend die notwendigen Maßnahmen zur Reduzierung daraus resultierender Risiken getroffen werden. Auch solle bei Ablauf von Vorstandsverträgen nur die vertraglich geregelten und keine freiwilligen Zahlungen zugesagt werden.

LH Platter: Umstrukturierung war richtiger Weg

LH Günther Platter (ÖVP) als Eigentümervertreter der Bank sieht den Bericht des Rechnungshofs als Bestätigung des eingeschlagenen Weges. „Der Bericht bestätigt, dass die vom Land Tirol als 100-Prozent-Eigentümer der Hypo Tirol Bank eingeforderte und von der EU-Kommission genehmigte Umstrukturierung der Hypo die einzig richtige Entscheidung war“.

Grüne: „Veranwortliche zur Rechenschaft ziehen“

Die Grünen sprechen angesichts des Rechnungshofberichts über „eine unglaubliche Anhäufung von Ignoranz“. Der Bericht habe bestätigt, was die Grünen befürchtet haben. Klubobmann Gebi Mair sieht es als Aufgabe der Politik zu klären, ob alle Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen wurden. Der Bericht werde im Finanzkontrollausschuss des Landtages diskutiert.

Blanik fordert Sitzung des Finanzkontrollausschuss

Der Rechnungshofbericht veranlasst LA Elisabeth Blanik, Finanzsprecherin der SPÖ Tirol, die Einberufung einer Sitzung des Finanzkontrollausschusses des Landes zu fordern. „Wir können damit nicht bis zum nächsten Landtag im Februar warten.“ Der Rechnungshofbericht zeige auf, dass im normalen Bankgeschäft grobe Fehler passiert seien und grundlegende Prinzipien nicht eingehalten worden seien, so Blanik.

Links: