Platter von Spindelegger-Rücktritt überrascht

Tirols Landeshauptmann Günther Platter hat sich vom Rücktritt Michael Spindeleggers überrascht gezeigt. Er nehme den Rücktritt aber zur Kenntnis. Der frühere EU-Kommissar Franz Fischler warf Spindelegger fehlende Qualifikation als Finanzminister vor.

Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) zeigte sich im ORF-Radio-Tirol-Interview vom Rücktritt Spindeleggers überrascht. Er nehme seine Entscheidung aber zur Kenntnis. Er sehe in dieser Situation zugleich eine Chance, dass sich die Bundes-ÖVP inhaltlich und personell neu aufstellen könne.

In der jüngst von mehreren Bundesländern geäußerten Kritik sei es um inhaltliche und nicht um personelle Fragen gegangen, stellte Platter klar. Er und auch andere Landeshauptleute hätten verlangt, dass die Bürger möglichst rasch entlastet werden sollten. Das sei man den Bürgerinnen und Bürgern schuldig, so Platter.

Zangerl: „Brauchen Stürmer, der Tore schießt“

AK-Präsident Erwin Zangerl (ÖAAB), der erst am Montag den Rücktritt Spindeleggers gefordert hatte, sagte gegenüber dem ORF: „Es hat sich abgezeichnet und ermöglicht einen Neustart.“ Auf die Frage, ob er mit seiner Kritik an Spindelegger zu dessen Rücktritt beigetragen habe, sagte Zangerl: „Ich hab das gesagt, was sich tausend andere gedacht haben. Wenn man so wie ich täglich bei den Leuten ist, muss man sich dauernd dafür rechtfertigen, was der Obmann in letzter Zeit gesagt hat. Da waren Dinge dabei, die auf absolutes Unverständnis gestoßen sind.“

Österreich benötige eine handlungsfähige Bundespartei und eine handlungsfähige Regierung. Man brauche eine Mannschaft mit einem Stürmer, der Tore schieße, zog Zangerl einen Vergleich mit einer Fußballmannschaft.

Fischler: „War kein guter Finanzminister“

Kritik an der Arbeit Spindeleggers als Finanzminister kam auch immer wieder vom ehemaligen Tiroler EU-Agrarkommissar Franz Fischler. Nach Spindeleggers Rücktritt sagte er gegenüber dem ORF: „Ich sage es in aller Offenheit: Ich glaube nicht, dass er ein guter Finanzminister gewesen ist und auch nicht sein konnte, denn ich glaube, man unterschätzt völlig, wie wichtig es gerade im Finanzministerium ist, von diesen Dingen etwas zu verstehen.“

Spindelegger habe sich bei der Steuerreform in ein Eck manövriert, aus dem er nicht mehr herauskam, meinte Fischler. Die Illoyalität sei eine „Unsitte“ in der ÖVP. Wie in der Partei mit einem Parteiführer umgegangen werde, sei auch für den Nachfolger wichtig. Zur Nachfolge selbst wollte Fischler keinen Namen nennen. „Bei aller Notwendigkeit, schnell zu handeln, muss der Entscheidung eine gute Überlegung vorangehen.“

„An apple a day, keeps all Kummer away“

Darauf angesprochen, wie es nach dem Rücktritt von Spindelegger weitergehen solle, antwortete Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP), der zuletzt vor allem für den Verzehr österreichischen Obstes geworben hatte, kurz: „An apple a day, keeps all Kummer away.“

Khol: „Für Nachfolge Zeit lassen“

Seniorenbund-Obmann Andreas Khol zeigte Verständnis dafür, dass Spindelegger „die Nase voll" habe. In vielen Fragen sei der ÖVP-Chef zum „Einzelkämpfer geworden“. Er bedaure es außerordentlich, dass sich Spindelegger zurückzieht, denn dieser sei ein guter, verantwortungsbewusster und sehr redlicher Parteiobmann gewesen, betonte Khol.

Man solle zudem noch nicht bei dem Parteivorstand Dienstagabend einen Nachfolger bestimmen, sondern sich ein paar Tage Zeit lassen, so Khol.

FPÖ-Obmann fordert Neuwahlen

Tirols FPÖ-Obmann Markus Abwerzger forderte in einer Aussendung, dass die parteiinternen Grabenkämpfe nicht zulasten der Tiroler Interessen gehen dürften.

Die ÖVP sei auf Bundesebene nur eine Partei von vielen und werde sicherlich keine Volkspartei mehr werden. Die FPÖ sei die einzige rot-weiß-rote Volkspartei, so Abwerzger, der zugleich sofortige Neuwahlen forderte.

Tirols SPÖ hofft auf Steuerentlastung

Tirols SPÖ-Vorsitzender Ingo Mayr gewinnt dem Rücktritt Spindeleggers einen positiven Aspekt ab: Jetzt sollte der Weg für eine rasche Steuerreform frei sein. „Die Blockadehaltung Spindeleggers in dieser Frage war für mich und offenbar auch viele seiner VP-Kolleginnen unverständlich. Der Tiroler AK-Präsident Erwin Zangerl soll nun seinen großspurigen Ankündigungen auch Taten folgen lassen, dann können wir gemeinsam besser heute als morgen eine Steuerentlastung für die ArbeitnehmerInnen umsetzen“, so Mayr in einer Aussendung.

Rücktritt von allen Ämtern

Dienstagvormittag erklärte ÖVP-Chef, Finanzminister und Vizekanzler Michael Spindelegger, seinen Rücktritt. Er war zuletzt immer wieder parteiintern kritisiert worden. Erst am Montag hatte Tirols Arbeiterkammer-Präsident Erwin Zangerl (ÖAAB) die Ablöse des Parteichefs gefordert - mehr dazu in Parteiinterne Kritik löste Rücktritt aus

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• „Loyalität und Paktfähigkeit“ vermisst (news.ORF.at)