Abtreibung nur noch im Westen tabu

Gesundheitsminister Alois Stöger (SPÖ) drängt darauf, dass in allen Regionen Österreichs Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Spitälern möglich sind. Säumig sieht Stöger hier nur noch Tirol und Vorarlberg. In Tirol sieht auch Landesrätin Christine Baur (Grüne) Handlungsbedarf.

Der Gesundheitsminister hat bereits wiederholt die Möglichkeit zu Abtreibungen in öffentlichen Krankenhäusern in allen Regionen gefordert. Diese Forderung sei nach wie vor aufrecht, hieß es aus seinem Büro gegenüber der APA: „Wir wünschen uns eine Lösung für den Westen Österreichs.“ Zwar werden Abtreibungen auch von niedergelassenen Ärzten durchgeführt, dies allerdings zu sehr unterschiedlichen Preisen, hieß es aus Stögers Büro.

Nur noch ein Arzt in Tirol

Die Situation für Frauen in Tirol, die ungewollt schwanger werden, ist schwierig. Nur noch ein niedergelassener Gynäkologe führt Schwangerschaftsabbrüche durch. An den öffentlichen Spitälern werden nur Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, wenn es dafür medizinische Gründe gibt - mehr dazu in Kein Schwangerschaftsabbruch in Krankenhäusern.

Aktionskomitee kämpft in Tirol bisher vergeblich

Das „Aktionskomitee Schwangerschaftsabbruch“ kämpft seit Jahren für die Enttabuisierung dieses Themas. Gleichzeitig fordert dieser Zusammenschluss zahlreicher Vereine, der auch von Politikerinnen wie Gabi Schiessling (SPÖ) oder Christine Baur (Grüne) unterstützt wird, dass Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Spitälern durchgeführt werden und Verhütungsmittel auf Krankenschein erhältlich sind. Bisher sind diese Forderungen in Tirol nicht im Ansatz erfüllt worden.

So wie es aussieht, wird sich auch trotz der Regierungsbeteiligung der Grünen im Land diesbezüglich so rasch nicht viel ändern. Gesundheitslandesrat Bernhard Tilg sieht keinen großen Handlungsbedarf. Seitens des Landes sei beabsichtigt, bei diesem Thema mehr auf Prävention und Aufklärung zu setzen, so Tilg. Des weiteren verweist er auf das Arbeitsübereinkommen mit dem Regierungspartner. Darin wurde allerdings nur vereinbart, das man die Versorgungssituation in Tirol evaluieren werde.

Baur sieht sehr wohl Handlungsbedarf

Damit ist Tirol neben Vorarlberg das einzige Bundesland, in dem Schwangerschaftsabbrüche in öffentlichen Spitälern vorerts tabu bleiben. Im Burgenland zeichnet sich laut Gesundheitsministerium für Herbst eine Lösung ab.

In Tirol sieht Soziallandesrätin Christine Baur sehr wohl Handlungsbedarf. Es werde derzeit die Situation in Tirol tatsächlich evaluiert, was allerdings nicht so leicht sei. Es sei allein schon schwierig, zu erheben, wie hoch die Zahl an Schwangerschaftsabbrüchen in Tirol tatsächlich sei, so Baur. Als mögliche Lösung denkt sie nicht primär an öffentliche Spitäler, sondern vielmehr - ähnlich dem Modell Salzburg - an Ambulanzen, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen. Zudem hält sie den Gratisbezug von Verhütungsmitteln für sinnvoll.

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FP Tirol gegen Abtreibung in Spitälern

Ein klares Nein zu Schwangerschaftsabbrüchen in öffentlichen Spitälern kommt am Samstag von der FPÖ. Hildegard Schwaiger, Frauensprecherin im Tiroler Landtag, betont, dass kein Arzt gezwungen werden könne, Abtreibungen vorzunehmen, da dies dem hippokratischen Eid widerspreche. Außerdem gäbe es genügend niedergelassene Ärzte in Tirol, die diesen Eingriff durchführen würden. Laut Recherchen von tirol.ORF.at sieht die Realität jedoch anders aus (siehe oben).

Überdurchschnittliche viele Abbrüche in Österreich

Laut Schätzungen von Christian Fiala, Gynäkologe und Begründer des privaten Ambulatoriums „Gynmed“ in Wien, werden in Österreich jährlich rund 30.000 Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt, das sind zwei- bis dreimal mehr als in der Schweiz, Deutschland und Holland. „In Österreich haben wir eine unnötig hohe Rate an Abbrüchen im Vergleich zu anderen westeuropäischen Ländern“, so Fiala zur APA. Zurückzuführen sei dies auf die mangelhafte Verhütung. „Eine wichtige Maßnahme wäre die Kostenübernahme der Verhütung und des Abbruchs“, fordert der Gynäkologe.

Mängel bei Prävention und Aufklärung

Die meisten Frauen, die einen Abbruch durchführen lassen, haben bereits eines oder mehrere Kinder, geht aus Fialas Daten hervor. Meist sind die Frauen zwischen 20 und 35 Jahren alt und die meisten Abbrüche werden vor der achten Schwangerschaftswoche durchgeführt. Ungewollt schwanger wurden die meisten Frauen, weil sie ungenügend oder gar nicht verhütet haben. Der Gynäkologe ortet daher die größten Mängel schon bei der Prävention, also ausreichend Aufklärung und Sexualkunde: „Dafür gibt es gar keinen politischen Willen und kein Geld.“

Unterschiedliche Kosten für Abbrüche

Apropos Geld, bei Gynmed belaufen sich die Kosten für eine Abtreibung auf 490 Euro. Sie sind in den Praxen und Spitälern unterschiedlich hoch und reichen bis über 800 Euro, etwa in Niederösterreich. Fiala gibt zu bedenken, dass ein Schwangerschaftsabbruch „nichts ist, auf das man hinspart“, sondern eine Notfallmaßnahme, für die man plötzlich mehrere hundert Euro auf den Tisch legen muss. Der Arzt pocht deshalb auf die Kostenübernahme durch die Krankenkassen - dies wäre westeuropäischer Standard.

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