Berwang: Ein Dorf wird zu Grabe getragen

Unbekannte Dorfbewohner von Berwang (Bezirk Reutte) haben eine Todesanzeige geschaltet. In der Anzeige wollen sie darauf hinweisen, dass der Ort ihrer Meinung nach stirbt. Der Bürgermeister nimmt diese Anzeige sehr ernst.

Die unbekannten Berwanger trauern in der Todesanzeige unter anderen um „die Skishow“, Mair’s Treffpunkt, Pizzeria Bär, die Diskothek Nightwatch, um das Hotel Jagdhaus, Jeanny’s Friseursalon, um drei Lifte, eine Vinothek, Lotte’s Kiosk, und um das große, traditionelle Hotel Berwangerhof.

Blatt Papier mit Kreuz, ähnlich einer Todeanzeige

ORF

300-Betten Hotelruine Berwangerhof

Die Hotelruine steht mitten im Ort. Dass das Hotel mittlerweile geschlossen ist, tue dem Ort sehr weh, sagte Bürgermeister Dietmar Berktold: „Das war ein 300-Betten-Hotel. Das geht natürlich dem Ort, dem Skigebiet, dem ganzen Tourismusgebiet ab. Wir können das mit den Privatzimmervermietern nicht kompensieren.“

Berktold kann dem Schreiben zwar nicht alles, aber doch viel abgewinnen. Mit ein Grund für das langsame Sterben sei auch, dass es mehrere private Liftgesellschaften gebe, von denen nur eine in den letzten Jahrzehnten viel Geld investiert habe. Man sei dabei, alle unter einem Dach zu vereinen, so der Bürgermeister. Ein weiteres Problem sei, dass Berwang zu einer Auspendlergemeinde geworden ist: „Wir sind ein reiner Tourismusort. Wir haben nur einen Handwerksbetrieb, einen Tischler. Unsere jungen Leute pendeln alle zum metallverarbeitenden Betrieb Plansee. Das ist für den Ort schlecht, wenn die Jungen auspendeln.“ Noch schlechter sei es aber, wenn die Jungen in Reutte eine Wohnung hätten, dann kämen sie selten zurück.

Zehn bis 15 Millionen Euro Verlust

August Zobl war mehrere Jahre lang Tourismusobmann in Berwang. Er ist seit Jahrzehnten Hotelier und Brauereibetreiber im Ortsteil Rinnen. Er hat seine Funktion aus Frust an den Nagel gehängt. Den Zustand des Ortes bezeichnet er als alarmierend: „In den besten Saisonsjahren haben wir 320.000 Nächtigungen gehabt. Vor vier Jahren waren es nur mehr 256.000, 2013 waren es noch 234.000. Und diesen Winter sind es noch einmal um zehn bis 20 Prozent weniger. Wenn wir 100.000 Nächtigungen verlieren, verlieren wir 100.000 kleine Bier, 100.000 Kaffee, 100.000 Fahrkarten. Das sind zehn bis 15 Millionen Euro weniger. Damit kann nicht jeder Betrieb überleben, damit entzieht man uns die Arbeitskraft. Damit ist der wunderschöne Ort Berwang wirklich am Ende.“

Berwang sei kein Einzelfall und für das Land Tirol eine Herausforderung für die nächsten fünf bis zehn Jahre, meinte der oberste Tourismusbeamte des Landes, Gerhard Föger. Auch der Landesrat für Raumordnung, Johannes Tratter (ÖVP), kündigte Unterstützung für Problemorte dieser Art an. Allerdings müssen die Ideen auch aus den jeweiligen Regionen kommen.

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