Nachgemessen: Agrargrund größer als gedacht

Der Gemeindeverband hat das Ergebnis monatelanger Recherchen über das tatsächliche Ausmaß der Gemeindeflächen in Agrarbesitz präsentiert. Demnach befinden sich in Tirol nicht geschätzte 2.000 km² im Besitz der Agrarier, sondern knapp doppelt so viel.

Monatelang hat der Gemeindeverband in Grundbüchern gestöbert und hunderte Abfragen getätigt. 5,210 Milliarden m² wurden untersucht und die Daten in ein Programm eingespeist. Bisher war immer von geschätzten 2.000 km², also 200.000 Hektar, die Rede - einer mit Osttirol vergleichbaren Fläche. Insgesamt wurden 244 von 279 Tiroler Gemeinden überprüft, so Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf.

Seit Dienstag sind Zahlen, Daten und Fakten über die aus Gemeindebesitz entstandenen Agrargemeinschaften fertig ausgewertet und auf der Homepage des Gemeindeverbandes abrufbar, erklärt Präsident Ernst Schöpf. Demnach sind 3.586 km² ehemaliger Gemeindegrund und -boden in Besitz der Agrargemeinschaften oder unter ihrer Kuratel.

Geschichte jeder einzelnen Parzelle

„Vor dem Hintergrund dieser unbestechlichen Zahlen – die sind nämlich jetzt quadratmetergenau – kann man sich hier auf jede einzelne Parzelle begeben in jeder Gemeinde und diese Parzelle im Grundbuch verfolgen, was die für eine Entwicklung genommen hat“, so Schöpf.

Die Parzellen könne man auf der Homepage des Gemeindeverbandes abrufen. Schon bisher waren laut Gemeindeverbandspräsident sehr viele Mandatare und Bürgermeister neugierig und mit den Auskünften, die sie von den Agrariern bekamen, nicht ganz zufrieden. „Ich denke, dass es nicht nur für Bürgermeisterinnen, Bürgermeister und Mandatare, sondern auch für interessierte Bürger bis hin zum Ortschronisten interessant ist anzuschauen, was hat sich jetzt da in meiner Gemeinde getan.“

Agrarier spielten Größe und Wert herunter

Bezüglich der geschätzten Gesamtfläche der Gemeindeguts-Agrargemeinschaften eröffnete sich für den Gemeindeverband eine neue Dimension. Denn auch Agrargemeinschaftskritiker gingen jahrelang von rund 2.000 km² Grund und Boden aus. Die Agrarier bestritten diese Zahl stets. Sollte sie doch stimmen, bestehe die Fläche - jedenfalls zum Großteil - aus unproduktivem Ödland, argumentierten die Agrarier.

Ernüchternde Zahlen für Gemeinden

Das Nachrechnen habe die schlimmsten Befürchtungen übertroffen, so Schöpf. „Also man wird jetzt wohl sagen können, und das ist jetzt quadratmetergenau dokumentiert, dass wir von 3.600 Quadratkilometern ausgehen müssen, wo die Gemeinden schwer ins Hintertreffen geraten sind, um es vornehm auszudrücken. Und mit den letzten fehlenden Gemeinden wird das nur noch mehr.“

Die Fläche, die früher im Gemeindebesitz stand und jetzt den Agrariern gehört, setzt sich laut Schöpf aus zwei Arten zusammen. Erstens rund 2.300 km², die verfassungswidrig von Agrargemeinschaften übernommen wurden, und zweitens rund 1.300 km², bei denen die Gemeinden zwar noch im Grundbuch stünden, aber nichts mehr zu sagen hätten, rechnete der Gemeindeverbandspräsident vor.

Politische Lösung in Reichweite

Aus der Sicht von Ernst Schöpf ist nun die Landesregierung am Zug. Diese tüftelt bereits an einer Novelle des Agrargesetzes - mehr dazu in Gemischte Reaktionen auf Agrar-Vorlage. Für Schöpf ist das zu wenig: er fordert einmal mehr eine gesamte Rückübertragung dieser Flächen an die Gemeinden - mehr dazu in Schwarz-Grün gegen Rückübertragungsgesetz. Dort, wo Gemeinden noch im Grundbuch stehen, sollten sie auch die Verfügungsgewalt zurückbekommen, so der Gemeindeverbandspräsident.