Kindesmisshandlung: Dunkelziffer hoch

In Innsbruck findet derzeit das jährliche Treffen der österreichischen Kinderschutzgruppen statt. 60 Experten diskutieren u.a. über neue Methoden, um Gewalt oder sexuelle Misshandlungen gegenüber Kindern festzustellen.

Eine Kinderschutzgruppe gibt es laut Gesetz an jedem österreichischen Krankenhaus mit einer Kinderstation. Die Gruppe besteht aus Experten wie Kinderärzten, Psychologen, Sozialarbeitern, Gerichtsmedizinern und gegenbenfalls Fachärzten aus anderen Bereichen. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher behandelt und besteht der Verdacht auf Gewalt, sexuellen Missbrauch oder Vernachlässigung wird die Kinderschutzgruppe hinzugezogen.

Einschätzung oft schwierig

Die Experten beraten die behandelnden Ärzte um zuerst festzustellen, ob sich der Anfangsverdacht tatsächlich bestätigt. Das sei nicht immer einfach, sagt Klaus Kapelari, ärztlicher Leiter der Kinderschutzgruppe der Klinik Innsbruck: „Wir sind häufig mit Fällen konfrontiert, wo im ersten Eindruck nicht hundertprozentig gesagt werden kann, ob es sich um eine gewaltsame Einwirkung handelt. Bestimmte Untersuchungen durch erfahrene Ärzte können dann aber relativ klare Hinweise darauf geben, dass ein Verletzungsmuster nicht mit dem geschilderten Unfallhergang vereinbar ist.“

Zahlen konstant, Dunkelziffer hoch

51-mal wurde im vergangenen Jahr die Kinderschutzgruppe an der Klinik Innsbruck eingeschaltet. Bei 48 Fällen wurde tatsächlich eine Misshandlung festgestellt. In sieben Fällen war es sexueller Missbrauch, in zwei Fällen ein Schütteltrauma, in 21 Fällen sonstige körperliche Gewalt. Die Zahlen seien in den vergangenen Jahren relativ konstant, aber nur die Spitze des Eisbergers, sagt Klaus Kapelari: "Kindesmisshandlung ist ein Problem, das so alt ist wie die Menschheit. Nur das wissenschaftliche Aufarbeiten dieser Fälle hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Auch ist die Bevölkerung dahingehend mehr sensibilisiert, dadurch wird die Dunkelziffer in Zukunft hoffentlich abnehmen und die tatsächlichen Zahlen klarer werden.“

Wichtig sei für die Kinderschutzgruppe auch zu klären, wie es mit den Kindern nach der Behandlung und der Entlassung weiter geht. Hier wird eng mit der Jugendwohlfahrt zusammengearbeitet, sagt der Kinderarzt. Eine Anzeige bei der Polizei erfolge nicht automatisch. An erster Stelle stehe das Kindeswohl und da sei eine Anzeige in manchen Fällen kontraproduktiv.

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