Neues Mineral entdeckt: „Innsbruckit“

Forschern der Universität Innsbruck ist es gelungen, in einem Gestein aus den Tuxer Alpen ein bisher unbekanntes Mineral nachzuweisen. Benannt wurde das Mineral nach der Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck und heißt nun Innsbruckit.

Die besonders bei Tourengehern beliebte und durch den Truppenübungsplatz des österreichischen Bundesheeres überregional bekannte Wattentaler Lizum ist bereits seit mehreren Jahren immer wieder Schauplatz von Forschungsarbeiten des Instituts für Mineralogie und Petrographie der Uni Innsbruck. Ziel ist eine detaillierte Erfassung der dortigen geologischen und petrologischen Bedingungen. Im Zuge dieser Untersuchungen, die unter anderem auch von Studierenden vorgenommen wurden, erfolgten Entnahmen von Gesteinsproben, eine davon aus einem Quarzit in Form einer Gesteinsrippe nahe des Staffelsees westlich des Geier.

Dunkle Gesteinsbank im Gelände

Universität Innsbruck/Hannes Krüger

In Gesteinsproben dieser Bank wurden die Mineralogen fündig. Das Mineral befand sich in einer schmalen Karbonatlage zwischen dem Manganquarzit oben und dem dunkleren Serpentinit unterhalb.

„Von dieser Probe haben wir Dünnschliffe, etwa 20 Mikrometer dicke Scheiben, erstellt und sie mittels einer chemischen Analyse auf ihre enthaltenen Minerale untersucht“, erklärt der Petrologe Peter Tropper, der sich mit der Entstehungsgeschichte von Gesteinen befasst. „Diese Analyse ergab auf den ersten Blick noch nichts Außergewöhnliches.“

Gewissheit auf den zweiten Blick

Den entscheidenden Hinweis brachten letztlich weitere Untersuchungen, die am Paul-Scherrer-Institut, einer Großforschungseinrichtung in der Schweiz, durchgeführt wurden. „Eines der in der Gesteinsprobe entdeckten Minerale war zwar bekannt, aber bisher nicht näher beschrieben. Wir haben uns daher für eine detailliertere Untersuchungsmethode mittels einer Röntgenstrukturanalyse entschieden“, so die Mineralogen Hannes Krüger und Volker Kahlenberg, deren Forschungsschwerpunkt im Bereich Kristallographie liegt.

Eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Dünnschliffs

Universität Innsbruck/Peter Tropper

Eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines Dünnschliffs zeigt die Minerale Innsbruckit (Ibk), Tephroit (Teph), Kalzit (Cc) und Friedelit (Fried).

Die Einwirkung starker Röntgenstrahlung ermöglicht eine Klassifizierung des Materials, die über eine chemische Beschreibung hinausgeht und Rückschlüsse auf die Kristallstruktur zulässt. „Diese Untersuchung zeigte uns dann, dass dieses Mineral nicht jenes war, für das wir es bis zu diesem Zeitpunkt gehalten hatten“, sagt Kahlenberg.

Ein Abgleich mit der Datenbank aller bekannten und beschrieben Minerale brachte dann die Gewissheit: Die Forscher hatten ein neues Mineral entdeckt. „Während die bereits vorliegende chemische Beschreibung uns noch glauben ließ, dass es sich um ein bereits beschriebenes Mineral handelt, räumte die wesentlich genauere Röntgendiffraktometrie jeden Zweifel aus“, erklärt Krüger, der die Untersuchungen in der Schweiz durchführte.

Innsbruckit ist ein Mangansilikat

Wird ein nachweislich bisher unbekanntes Mineral beschrieben, haben die „Entdecker“ das Recht, die Bezeichnung dafür vorzuschlagen. „Aufgrund der geografischen Nähe des Fundortes zu Innsbruck und unserer wissenschaftlichen Verbundenheit zur Universitätsstadt entschieden wir uns dazu, die Landeshauptstadt als Namensgeberin zu wählen“, sind sich die Mitglieder des Teams einig. Der Innsbruckit, der in den Gesteinsproben mit einer Größe von bis zu 150 Mikrometer auftrat, ist ein Mangansilikat, das hinsichtlich seiner chemischen Eigenschaften eine große Ähnlichkeit zu bisher bekannten Mineralen hat.

Struktur des Minerals Innsbruckit

Universität Innsbruck/Hannes Krüger

Das Bild zeigt ein Modell der Silikatlage mit den für Silikaten typischen SiO4-Tetraedern

Struktur des Minerals Innsbruckit

Universität Innsbruck/Hannes Krüger

Modell der Kristallstruktur des Minerals Innsbruckit mit der Formel Mn33(Si2O5)14(OH)38

Minerale dieser Art sind häufig in Quarziten anzutreffen und wurden teilweise noch nicht im Detail untersucht. „Es ist daher nicht auszuschließen, dass der Innsbruckit an vielen anderen Orten der Erde entweder noch nicht gefunden oder für ein anderes Mineral gehalten wurde“, verdeutlicht Hannes Krüger.

In den Alpen Neuentdeckungen selten

Bei der Internationalen Mineralogischen Vereinigung (IMA – International Mineralogical Association) werden jährlich etwa 100 neue Anträge auf Anerkennung eines neuentdeckten Minerals gestellt. „Der Großteil stammt aber aus sehr abgelegenen, geologisch extremen Gebieten wie etwa Sibirien“, erklärt Tropper, „In den gut untersuchten Alpen ist eine Neuentdeckung eher eine Seltenheit. Dass wir in der Wattener Lizum den Innsbruckit entdeckt haben, ist durchaus eine Besonderheit“, ist das Team von der Innsbrucker Mineralogie und Petrographie stolz auf die Neuentdeckung.