Fernpass-Bergsturz hat es nie gegeben

Beim 15. Geoforum im Ötztal wird am Mittwoch eine geologische Sensation präsentiert. Der Fernpass ist nicht, wie bisher angenommen, aus einem Bergsturz entstanden. Das ganze Gebiet ist im Gegenteil durch Gipskarst geprägt.

Die Fachleute waren sich seit dem 19. Jahrhundert einig, dass der Fernpass durch einen Bergsturz entstand. Diese Auffassung ist jetzt Geschichte, denn der Fernpass ist der Rest eines Talsystems, das sich durch Gipskarst langsam auflöst und eine neue Trümmerlandschaft bildet. Dass die Gegend reich an Gips ist, ist hingegen schon länger bekannt, so wurde früher bei Nassereith Gips abgebaut.

Informationstafel Fernpass-Bergsturz

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Die Infotafeln am Fernpass müssen jetzt umgeschrieben werden

Gunther Heißel

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Gunther Heißel

Voll mit Gipskarstdolinen

Eine Überflug mit einem Schweizer Spezialflugzeug, das mittels Laserscan die Landschaft abtastete, brachte die völlig neuen Erkenntnisse, erklärt der Tiroler Landesgeologe Gunther Heißel. Im Zuge der in Reutte zu Tage getretenen Gipskarstproblematik - mehr dazu in Plötzliches großes Erdloch bei Reutte - habe man in ganz Tirol nach entsprechenden Strukturen gesucht und festgestellt, dass der gesamte Fernpass voll mit kraterartigen Dolinen sei und ein Gipskarstgebiet darstelle. Auch der Blindsee dürfte seine Entstehung dem Gipskarst verdanken.

Verwachsene Dolinen im Wald

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Vertiefungen im Wald weisen auf Gipskarst hin

Auswirkungen auf möglichen Tunnel

Diese Erkenntnis habe auch Auswirkungen etwa auf die Fernpassstraße, sagt Heißel. So wie in Reutte könnten sich auch hier plötzlich Senken bilden, mit dem jetzigen Wissen könne man aber besser reagieren. Betroffen wäre auch eine mögliche Untertunnelung des Fernpasses, sagt der Geologe. Hier müsse man mit Hohlräumen rechnen und deshalb andere Konstruktionen wählen und den Tunnel teilweise wie eine Brücke anlegen. Eine solche Konstruktion müsse nicht unbedingt schwieriger oder teurer sein, da man jetzt aber schon darum wisse, erspare man dem Steuerzahler möglicherweise viel Geld.

Die Geologen überlegen auch, einen Flug samt Laserscan in einiger Zeit zu wiederholen, um zu sehen, ob sich die Zahl der Dolinen am Fernpass erhöht oder ihre Größe verändert hat.

Geologen in einem Steinbruch

Land Tirol/Landesgeologie

Geologen in einem aufgelassenen Gipsbruch bei Nassereith

Öffentlicher Abendvortrag zum Thema Bergbau

Das Geoforum Umhausen vom 15. bis 18. Oktober im Umhausener Ortsteil Niederthai findet heuer mit dem Schwerpunktthema Gipskarst statt. Am Donnerstag gibt es im Tagungssaal um 19.30 Uhr einen öffentlichen Abendvortrag bei freiem Eintritt, bei dem der ehemalige Tiroler Landesgeologe Peter Gstrein über den Tiroler Bergbau referieren wird. Dabei zeichnet er einen Bogen vom Beginn, der Blüte und den Niedergang bis hin zu möglichen Zukunftsszenarien des Bergbaus in Tirol.

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