Schöpf-Kritik an Regierung erzürnt Platter

Die „schöpferische“ Pause des Tiroler Gemeinderatspräsidenten ist vorbei. Während des Wahlkampfs hielt sich Ernst Schöpf (VP) mit Kritik an der Regierung und damit an der eigenen Partei zurück. Jetzt schießt er in Sachen Agrar wieder scharf - sehr zum Missfallen seines Parteichefs.

In der am Dienstag erschienen Gemeindezeitung spart Schöpf nicht mit Ratschlägen und Forderungen an die Landesregierung - von der Raumordnung über die Gemeindeabgaben bis hin zum Dienstrecht.

Für Schöpf sind Grüne umgefallen

Oberste Priorität haben für den Bürgermeister von Sölden aber weiterhin die Gemeindegutsagrargemeinschaften. Diesbezüglich kritisiert er die schwammigen Formulierungen im Arbeitsübereinkommen (siehe unten) der schwarz-grünen Koalition. Dem kleinen Regierungspartner wirft er vor, „grandios umgefallen zu sein“. Vor der Wahl hätten die Aussagen der Grünen zum Thema Agrargemeinschaften „diametral anders geklungen“. Was letztlich aus diesen wunderbar interpretationsfähigen Formulierungen inhaltlich wirklich entsteht, müsse die Zukunft zeigen, so Schöpf. Er sei jedenfalls reduziert optimistisch.

Schöpf für Platter der einzige Umfaller

Ungewöhnlich scharf reagiert Landeshauptmann Günther Platter auf die jüngste Kritik seines Parteikollegen. Der einzige, der umgefallen ist, sei Ernst Schöpf, so der VP-Parteichef. Innerhalb des Parteivorstandes habe Schöpf nämlich die Zusammenarbeit mit den Grünen begrüßt und dem Arbeitsübereinkommen zugestimmt. Jetzt gefalle sich Schöpf wieder in der Rolle des Dauerkritikers, so Platter.

Platter stellt sich damit klar hinter den Koalitionspartner und gegen den Gemeindeverbandspräsidenten. Er lasse sich die gute Zusammenarbeit in der Regierung und mit den Gemeinden nicht von einer Person schlecht machen, fordert Platter die anderen Vorstandsmitglieder des Gemeindeverbandes zu klaren Worten auf. Diese ließen nicht lange auf sich warten.

Vize Präsident spricht von Einzelmeinung Schöpfs

Nur rund eine Stunde nach der Aufforderung Platters meldete sich mit Rudolf Nagl der Vizepräsident des Gemeindeverbandes zu Wort. Er kritisiert in einer Aussendung die Aussagen des Präsidenten und spricht von einer Einzelmeinung, die in keinster Weise mit dem Vorstand abgestimmt sei. Dieses Fehlverhalten werde auch Thema bei der kommenden Vorstandssitzung sein, so Nagl. Derartige Alleingänge würden nicht länger akzeptiert werden: „Was Schöpf als Privatmann für Meinungen vertritt, ist freilich seine Sache. Wenn er aber die Infrastruktur des Gemeindeverbandes nutzt – wie etwa die Zeitung des Gemeindeverbandes –, dann hat er sich an die abgestimmte Meinung des Vorstandes zu richten."

Für Grüne geht Schöpf-Kritik ins Leere

Für die Grünen macht es sich der Gemeindeverbandspräsident mit seiner Kritik etwas zu einfach: „Hätten ‚seine‘ ÖVP-Bürgermeister die Linie des Gemeindeverbandes im Landtag konsequent vertreten, wäre zwischen 2008 und 2013 immer eine Mehrheit für die vielen oppositionellen Anträge zur Lösung der Gemeindegutsfrage vorhanden gewesen. Diese Chance wurde aber nicht ergriffen. Da hat sich Schöpf nicht durchgesetzt. Schöpf wäre daher gut beraten, etwas selbstkritischer zu sein“, kontert der grüne Agrarexperte Georg Willi.

Zudem gewährleiste das Arbeitsübereinkommen eine rasche Lösung des Problems, so Willi: „Die jetzt angedachte Lösung hat den großen Vorteil, dass die Gemeinden sofort zu ihrem Recht kommen, indem sie selbst die Verwaltung ihres Gemeindegutes übernehmen. Diese Lösung setzt das Urteil der Verfassungsrichter 1:1 um.“

SPÖ schließt sich Schöpf-Kritik an

Die SPÖ, früherer Koalitionspartner der ÖVP, sieht sich durch Schöpfs neuerlicher Kritik bestätigt. Gerade von den Grünen hätte er sich ein klares Ja zur Rückübertargung erwartet, so der Abgeordnete Georg Dornauer (SP). Es handle sich beim Rückübertragungsgesetz nicht um eine Enteignung, sondern um die Beseitigung der Folgen einer rechtsgrundlosen, verfassungswidrigen Enteignung der Tiroler Gemeinden, erklärt Dornauer den Unrechtszustand, den die Wallnöfer-ÖVP ganz gezielt herbeigeführt hat.

Stefan Lindner; tirol.ORF.at

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Das steht im Arbeitsübereinkommen der Regierung

Das Thema Agrargemeinschaften soll einer Lösung zugeführt werden, die den verschiedenen juristischen wie gesellschaftspolitischen Ansprüchen gerecht wird. Die Koalitionspartner sollen die Möglichkeit eröffnen, dass sich die Selbstverwaltungskörper „Gemeinden“ und „Agrargemeinschaften“ in subsidiärer Eigenverantwortung und unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zu einer Vorgangsweise entschließen können, die vor dem Hintergrund der höchstrichterlichen Judikatur ihre jeweiligen Interessen bestmöglich berücksichtigt.

Die Agrargemeinschaften bringen in ihrer konkreten Ausformung unterschiedliche Voraussetzungen mit, die gesetzliche Formulierung soll daher den Freiraum für eine sachgerechte Lösung in Einzelfall schaffen. Es muss der Rahmen dafür geschaffen werden, dass dem Gebot der Rechtssicherheit entsprochen, die Lebensfähigkeit der Agrargemeinschaft gesichert und dem historischen Anspruch der Gemeinden zum Durchbruch verholfen werden kann. Wir bekennen uns zu einem Miteinander und werden Möglichkeiten schaffen, dass Gemeinden und Agrargem einschaften Regelungen treffen können, die den Frieden vor Ort bewahren und herstellen können.

Partnerschaftlich sollen Ziele und Vorhaben formuliert und umgesetzt, dabei Motivation und Eigenverantwortung bestmöglich gefördert werden. Um dies zu ermöglichen, vereinbaren die Koalitionspartner folgende die Gemeindegutsagrargemeinschaften betreffende Vorgangsweise:

  • Abwarten der höchstgerichtlichen Erkenntnisse zu Rücklagen und Überling (Ausfertigung vermutlich Juni 2013).
  • Im Anschluss daran eine Änderung des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes, aufbauend auf diesen Erkenntnissen und den Erfahrungen im Vollzug. Dies unter den Prämissen, die Verfahren zu beschleunigen und zu straffen, der Einrichtung einer Anlaufstelle zur Streitbeilegung - Mediationsgruppe und einem Ja zu Vereinbarungen, wo eine endgültige vermögensrechtliche Auseinandersetzung noch nicht möglich ist.
  • Den Koalitionspartnern ist es ein besonderes Anliegen, nach einer rechtlichen Prüfung ein System umzusetzen bzw. wenn möglich auch in gesetzliche Form zu bringen (direkt im Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes oder einem eigenen Gesetz für atypische Gemeindegutsagrargemeinschaften), das bei der Vermögensverwaltung in jenen Bereichen der atypischen Gemeindegutsagrargemeinschaften, die den Substanzwert der Gemeinde betreffen, folgende Zielsetzung verfolgt: die Verwaltung erfolgt möglichst direkt durch die Organe der Gemeinde und die Erträge daraus fließen direkt auf ein gesondertes Konto, auf das die Gemeinde direkten Zugriff hat.
  • Die Installierung einer weisungsfreien Person, die in Gemeindegutsfragen neben der Agrargemeinschaft und der Gemeinde Parteistellung hat, wird geprüft. Es kann eine geordnete vermögensrechtliche Auseinandersetzung erfolgen, wobei die Frage, ob und wenn ja, welche der Möglichkeiten in Anspruch genommen wird, der jeweiligen Willensbildung obliegt. Diese kann in der Form der Erhöhung des Gemeindeanteils bei gleichzeitiger Überführung, im Wege einer Regulierung in das Regime einer typischen Agrargemeinschaft (Stichwort Motivation, Vereinfachung durch Entfall der Rechnungskreise ect.) oder in der Form der Hauptteilung erfolgen.