Alpenverein kritisiert Piz Val Gronda
Die Entscheidung, den Piz Val Gronda „zur Zerstörung freizugeben“, sei eine Ohrfeige für alle, die mit ihrer wissenschaftlichen Expertise, der Erfahrung in der Alpinen Raumordnung und Alpenkonvention zur fachlichen Untermauerung des einmaligen Schutzstatus beigetragen haben, so der Oesterreichische Alpenverein am Dienstag. Der zuständige Landesrat Hannes Gschwentner (SPÖ) hatte das Projekt vergangene Woche genehmigt - mehr dazu in Grünes Licht für Piz val Gronda.
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Präzedenzfall für den Naturschutz
Die von den Alpenvereinen in Tirol geleistete Arbeit werde mit dieser Politik nicht honoriert und die bisherige Alpine Raumordnung konterkariert. Die Entscheidung lasse befürchten, dass in Zukunft Erschließungen auch über die Landesgrenzen hinaus Tür und Tor geöffnet worden ist.
Peter Haßlacher, Raumplaner des Österreichischen Alpenvereins mit mehr als 400.000 Mitgliedern, erklärte bei der Pressekonferenz, es gehe nicht um Schneehühner oder einzelne Grasarten, sondern um das Gesamterscheinungsgebiet des Piz Val Gronda, „eines Alpenjuwels europäischer Bedeutung. Wenn solche Projekte genehmigt werden, muss man davon ausgehen, dass in Zukunft mit dem Naturschutz in Tirol nichts mehr zu erreichen ist“, so Haßlacher.
DAV kritisiert ignorierte Gutachten
Ähnlich ist die Reaktion des Deutschen Alpenvereins, der in der betroffenen Region die Heidelberger Hütte betreibt. Hanspeter Mair, Naturschutzreferent beim DAV mit rund einer Million Mitglieder, sagte, man sei „erschüttert und bestürzt über diese Entscheidung“. Für den DAV sei es eine Schande, dass alle durchgeführten Untersuchungen jetzt in den Wind geschlagen würden. Der Boden werde umgegraben, Flora und Fauna seien damit weggewischt.
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Gesinnungswandel beim designierten Landesrat?
Heftige Kritik gab es auch am designierten Nachfolger von Hannes Gschwentner als Naturschutzlandesrat, Thomas Pupp, der Obmann der Naturfreunde ist und bleiben will. Robert Renzler, Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins, zeigte sich überrascht von Pupps Kommentar, er hätte die Erschließung auch genehmigt. „Schließlich hat der Alpenverein gemeinsam mit den Naturfreunden das Projekt bekämpft“, so Renzler.
AV: Immer weniger Deutsche fahren Ski
Die Begründung der Genehmigung sei fadenscheinig und stelle einen Kniefall vor der Seilbahnlobby dar, so der Alpenverein weiter. Seilbahnunternehmen könnten x-beliebig viele Anläufe für Erschließungsprojekte nehmen, aber wenn der Naturschutz nur ein einziges Mal verliere, sei die Landschaft irreversibel geschädigt.
Er wundere sich, so Gerald Aichner, Landesvorsitzender des Alpenvereins Tirol, dass sich die Tourismuswirtschaft nicht mit dem Gedanken anfreunde, dass der Gast von heute immer mehr Natur, Ruhe, Landschaft, Entschleunigung und Skitouren wolle und immer weniger Skilauf. Die Zahl der Skiläufer im Hauptmarkt Deutschland nehme dramatisch ab, die der Skitourengeher zu. Technische Erschließung, so Aichner, stehe dieser Entwicklung diametral gegenüber. Der Alpenverein kündigte an, über die jüngste Entscheidung breit zu informieren und Maßnahmen vorzubereiten.
Mehr Rechte für Landesumweltanwalt
Ermöglicht worden sei die Piz Val Gronda-Entscheidung durch das fehlende Beschwerderecht des Tiroler Landesumweltanwaltes bei den Höchstgerichten. Der Alpenverein fordert in diesem Zusammenhang die Beibehaltung des Berufungsrechtes bei der Bezirkshauptmannschaft, die in einem vorliegenden Gesetzesentwurf bereits gestrichen ist.
Um den Alpenschutz zu stärken, fordert der OeAV in der Novelle des Tiroler Naturschutzgesetzes die Verankerung des Gipfelschutzes, des besseren Schutzes der Alpenregion und ein Verbot von motorisierten Sportarten sowie die Anpassung an die Durchführungsprotokolle der Alpenkonvention.