Kirche verpflichtet sich zu Kinderschutz

Die Diözese Innsbruck setzt Schritte gegen sexuelle Übergriffe auf Kinder. Ab sofort muss jeder, der mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat, eine Verpflichtungserklärung unterschreiben.

Mehr als 4.600 Männer und Frauen arbeiten in der Kirche mit Kindern, darunter viele Ehrenamtliche z.B. in der Vorbereitung zur Firmung oder in der Jungschar, und viele Hauptamtliche z.B. in kirchlichen Schulen oder Kindergärten. Sie alle, auch Priester, Diakone und Ordensleute, müssen die Erklärung künftig unterzeichnen.

Als erster unterzeichnete am Donnerstagvormittag der Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer die Erklärung. Nach Scheuer setzte auch Generalvikar Jakob Bürgler seine Unterschrift unter das Dokument, ihm folgten Vertreter verschiedener in der Kirche Tätiger wie Religionslehrer, Sozialarbeiter, Pfarrer, Pastoralassistenten oder Mesner.

Vorstellung Kinderschutzerklärung

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Die Diözesanleitung stellte am Mittwoch die Erklärung den Medien vor

Bewusstseinsbildung und Selbstschutz

Wer mit Kindern und Jugendlichen arbeitet, werde in Hinblick auf sexuelle Grenzverletzungen speziell geschult. Über die Verpflichtungserklärung stelle sich die Kirche weiters gegen einen Pauschalverdacht und eindeutig hinter die Schutzbefohlenen, sagte Generalvikar Jakob Bürgler. „Indem ich mich verpflichte, begebe ich mich eindeutig auf die Seite des Jugendschutzes. Für mich als Priester ist das auch ein Selbstschutz vor Pauschalverdächtigungen“, sagte Bürgler.

Österreichisches Interesse an Tiroler Modell

Laut Diözese gebe es in anderen österreichischen Diözesen mittlerweile teils ähnliche, wenn auch nicht so umfangreiche Verpflichtungserklärungen. Priester, die im Sommer Vertretungen übernehmen, müssten ebenfalls jetzt schon ähnliche Bestimmungen unterzeichnen. In Deutschland sei dies seit Jahren schon üblich, teilweise werde es auch von Kirchenmitarbeitern selbst eingefordert. „Österreichische Diözesen schauen jetzt nach Tirol, wie das Modell bei uns funktioniert“, sagte Bürgler.

In Innsbruck kam die Entscheidung für eine Verpflichtungserklärung sowie die Mitarbeiterschulung zustande, nachdem sich Verantwortliche der Diözese mit dem Betriebsrat der Diözese und der Stabsstelle für „Kinder- und Jugendschutz“ geeinigt haben.

Die Erklärung im Wortlaut

Ich verpflichte mich:

  • Meine Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist von Respekt, Wertschätzung und Vertrauen geprägt. Ich achte die Persönlichkeit und Würde der Kinder und Jugendlichen.
  • Ich nehme die individuellen Grenzempfindungen von Kindern und Jugendlichen ernst. Dies bezieht sich insbesondere auf die Intimsphäre von Kindern und Jugendlichen.
  • Ich nutze keine Abhängigkeiten aus.
  • Ich tue alles, um die mir anvertrauten Kinder und Jugendlichen vor körperlicher, seelischer und sexualisierter Gewalt zu schützen.
  • Ich achte im seelsorglichen Gespräch auf die Grenze zwischen hilfreichem Nachfragen und nachbohrendem Ausfragen.
  • Ich unterlasse es im seelsorglichen Gespräch mich dem/der GesprächspartnerIn verbal und/oder körperlich sexuell anzunähern.
  • Ich weiß, dass jede sexuelle Handlung mit mir anvertrauten Kindern und Jugendlichen disziplinarische und gegebenenfalls strafrechtliche Folgen hat.
  • Ich bemühe mich, jede Form von Grenzverletzung und Gewalt bzw. sexualisierter Gewalt wahrzunehmen und bespreche diese offen.
  • Im Verdachtsfall bin ich zunächst angehalten, mich an eine Beratungsstelle zu wenden und mich beraten zu lassen. Mit dieser spreche ich das weitere Vorgehen ab.
  • Verhärtet sich der Verdacht im Zuge der Beratung, bin ich verpflichtet, unabhängig von eventuellen Meldungen oder Anzeigen bei anderen Stellen mich auch bei der diözesanen Ombudsstelle zu melden. Dies Information wird vertraulich behandelt.
  • Ich habe die Informationsbroschüre „NEIN! zu sexualisierter Gewalt“ erhalten.
Hannes Wechner

ORF

Stabsstellenleiter Hannes Wechner

Eigene Stabsstelle gegründet

Die Stabsstelle „Kinder- und Jugendschutz“ wurde am 1. April 2011 gegründet, um laut Diözese einen ständigen Prozess der Sensibilisierung für die Themen Gewalt und sexualisierte Gewalt in Gang zu halten und entsprechende fördernde Maßnahmen umzusetzen. Dazu gehöre unter anderem die Professionalisierung der mit jungen Menschen arbeitenden ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter, Information und Beratung aller Mitarbeiter, Gestaltung struktureller Rahmenbedingungen, um sexualisierte Gewalt in der Institution zu erschweren sowie die Vernetzung mit der diözesanen Ombudsstelle für Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch.

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