Piraten: Mit wenig Programm auf Erfolgswelle

Erstmals in Österreich hat die Piratenpartei in Innsbruck den Sprung in einen Gemeinderat geschafft. Meinungsforscher sehen darin aber nicht den Beginn eines Siegeszugs, sondern ein „Trittbrettfahren“ auf dem Erfolg in Deutschland.

Die Piraten Partei Tirol (PPT) erhielt bei der Wahl 3,8 Prozent der Stimmen und erreichte damit ein Mandat im künftigen Innsbrucker Gemeinderat. Während des Wahlkampfs war es zum Bruch mit der Piratenpartei Österreichs (PPÖ) gekommen, nach dem Innsbrucker Erfolg will die PPÖ jetzt „Differenzen aus dem Weg räumen“.

Grafik: Piratenparteien in Europa

APA

In Deutschland wurden die Piraten in Berlin und im Saarland in die Landesparlamente gewählt. Für Schweden stellen sie zwei EU-Abgeordnete.

Experte: „Urbanes Phänomen“

Meinungsforscher sehen den Einzug der Piratenpartei in den Innsbrucker Gemeinderat nicht unbedingt als Beginn eines großen Siegeszuges der Bewegung - etwa auf Landes- oder Bundesebene. Eher orten sie einen medialen Hype um die politischen „Freibeuter“, die sich Proteststimmen abholen. Politberater und Meinungsforscher sehen vor allem ein urbanes Phänomen.

Thomas Hofer (H & P Public Affairs) gab gegenüber der APA zu bedenken, dass die Partei praktisch keinen Wahlkampf gemacht habe, auch die Kandidaten habe man nicht gekannt, und Programm gebe es quasi keines. Die Piraten hätten „alleine aufgrund des aus Deutschland herübergeschwappten Erfolges gelebt“ und durch den medialen Hype.

In Innsbruck sei den Piraten entgegengekommen, dass es keine klassische Eingangshürde in den Gemeinderat gibt, so Peter Hajek (Public Opinion Strategies). „Mit einer Vierprozenthürde hätten es die Piraten nicht geschafft“, sagte er mit Verweis auf das Wahlergebnis von 3,8 Prozent. Chancen räumen die Experten den Piraten vor allem im urbanen Raum ein. Das Konzept „kann, muss aber nicht in anderen Städten auch funktionieren“, sagte etwa Hajek. Auch Wolfgang Bachmayer (OGM) sieht im Wahlerfolg der Piraten vor allem ein „kommunales, regionales Phänomen“ und einen „Protestausdruck“.

Dünnes Programm als Stärke und Schwäche

Die Stärke der Bewegung sieht Bachmayer darin, „dass sie völlig unprogrammatisch ist“ - man könne „alles hineinprojizieren“. Hier würden mittel- und langfristig aber auch die Probleme liegen: Sobald es ans Programmatische geht, würden die inneren Konflikte der Partei aufbrechen, so Bachmayer. Auch Hofer sieht hier die größte Schwäche der Piraten. Sobald es an Inhalte gehe, würden sie „große Probleme“ bekommen, zu einem dauerhaften Phänomen zu werden.

Im Windschatten deutscher Erfolge

Der Politologe Ferdinand Karlhofer sieht einen Grund des Erfolgs in Tirol im guten Abschneiden der Piraten in anderen Großstädten, vor allem in Deutschland. Die Grundidee der Piraten sei eine völlige Freiheit im Internet. Auch der Innsbrucker Spitzenkandidat habe eingeräumt, dass der Erfolg hier nicht unbedingt sein Verdienst sei, sondern dass es im Trend liege, Pirat zu sein.

Alexander Ofer von den Piraten bei der Stimmabgabe

ORF

Neo-Gemeinderat Alexander Ofer

Onlineplattform für Innsbruck

In einer ersten Reaktion am Wahlabend hatte der 38-jährige Kochlehrling und Spitzenkandidat Alexander Ofer gegenüber ORF Tirol gesagt, dass man sich auf „die Prognosen aus Deutschland hin schon ein Mandat erwartet“ habe. Auf die Frage, wofür die Piraten stünden, sagte Ofer: „Jetzt haben wir einmal den Fuß drinnen. Wir wollen Onlineplattformen schaffen für die Gemeinde, für mehr Bürgerbeteiligung“, so Ofer in einer Wahlsondersendung im TV.

Bundespiraten wollen sich annähern

Die Bundesorganisation signalisierte „Gesprächsbereitschaft“ gegenüber den Tiroler Piraten. Der Disput, der im Jänner in einen Ausschluss Ofers mündete, sei auf mangelnde Kommunikation zurückzuführen gewesen. Man werde sich an einen Tisch setzen und versuchen, die Differenzen aus der Welt zu schaffen, sagte Bundesmediensprecher Christoph Trunk.

Die Tiroler Piratenpartei will von den Annäherungen der Bundes-Piraten offenbar nichts wissen. „Wir wollen mit der Piratenpartei Österreichs nichts zu tun haben, das sind Pfuscher. Das sind ein paar Wahnsinnige und meinen sie können österreichweit die Piratengeschicke lenken“, sagte Alexander Ofer, Innsbrucker Spitzenkandidat und künftiger Gemeinderat, am Montag gegenüber „derstandard.at“. Die Tiroler Piraten befürworteten stattdessen „eigenständige, kleine Organisationen auf Landesebene, die selbstständig agieren können“.