Lawinenopfer überlebte vier Stunden

Rund vier Stunden ist am Mittwoch ein Südtiroler Tourengeher unter einer Lawine begraben gewesen. Die Bergretter konnten den 39-Jährigen noch lebend aus den Schneemassen bergen. Im „Südtirol Heute“-Interview schildert er das Erlebte.

Der 39-Jährige Andreas Pfattner aus Garn bei Feldthurns war Mittwochfrüh alleine zu einer Tour auf die Königsangerspitze in den Sarntaler Alpen aufgebrochen. Bei der Abfahrt gegen 10.00 Uhr wurde er von der Lawine erfasst und unter den Schneemassen begraben. Der Südtiroler wurde rund 30 Zentimeter von den Schneemassen begraben.

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Dicke Kleidung als Lebensretter

Weil er sich gegen 12.00 Uhr zu Hause nicht zurückgemeldet hatte, schlug sein Bruder Alarm. Gegen 14.00 Uhr wurde der Verschüttete schließlich von den Bergrettern entdeckt und befreit. Unter anderem dürfte er laut Bergrettung seiner „besonders dicken Kleidung“ das Leben verdanken. Der Einheimische wurde mit dem Rettungshubschrauber „Pelikan 2“ zur Kontrolle ins Krankenhaus Brixen geflogen.

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Mediziner: „Ein Wunder“

Dass der Südtiroler überlebt hat, grenzt laut dem Leiter des Instituts für Alpine Notfallmedizin an der EURAC in Bozen, Hermann Brugger, an ein „Wunder“. „Der wichtigste Faktor für das Überleben ist die Sauerstoffzufuhr“, erklärte Brugger am Donnerstag, denn sie sei dafür verantwortlich, dass die Körpertemperatur nicht rapide absinke. Lediglich zehn Prozent aller Lawinenopfer würden jedoch eine Verschüttung jenseits von zwei Stunden überleben.

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Ein Team von „Südtirol Heute“ hat Zuhause bei Andreas Pfattner gedreht. Hier können Sie den Beitrag nachsehen: „Südtirol Heute“ on demand

Verschütteter hatte Verbindung nach draußen

Der 39-Jährige habe also insofern „großes Glück“ gehabt, dass er nicht nur eine Atemhöhle, sondern auch eine Verbindung nach außen gehabt habe, betonte Brugger. Ohne Atemhöhle sei das Schicksal innerhalb von 35 Minuten besiegelt, mit Atemhöhle aber ohne Sauerstoffzufuhr hätten die Verschütteten im besten Fall bis zu zwei Stunden eine Chance. Bei ausbleibender Sauerstoffzufuhr sinke nämlich die Körpertemperatur mit bis zu neun Grad pro Stunde. Und unter 32 Grad komme es zu Herzrhythmusstörungen und in weiterer Folge zum Herzstillstand.

Nach vier Stunden: 35 Grad Körpertemperatur

Der Südtiroler hatte zum Zeitpunkt der Einlieferung in das Krankenhaus immer noch eine Körpertemperatur von 35 Grad aufgewiesen. „Das ist erstaunlich, da der Mann insgesamt vier Stunden und 20 Minuten unter dem Schneebrett lag“, sagte der Experte. Die Atemhöhle habe sich dadurch gebildet, dass der Tourengeher unter sogenannten Schneeschollen zum Liegen kam, die durch windgepressten Schnee gebildet worden waren. Diese hätten einen Spalt für die Sauerstoffzufuhr offen gelassen.

Kein Kältezittern

Laut den Schilderungen des Lawinenopfers habe der 39-Jährige kaum Kälte verspürt und auch kein Kältezittern gehabt, berichtete der Mediziner, der mit dem Mann nach seinem Lawinenunfall sprach. Das liege vermutlich daran, dass die CO2 angereicherte Atemluft zu einer Gefäßerweiterung an der Körperperipherie geführt habe.

Ihm sei nur ein extremerer Fall bekannt, sagte Brugger. Vor rund zehn Jahren habe ein Tourengeher im Sarntal rund 24 Stunden unter einer Lawine gelegen und überlebt. Dem Verschütteten war es damals gelungen, durch Rütteln an seinem Skistock ein Loch freizulegen, das eine Luftzufuhr ermöglichte.