Wehrpflicht: Wo ist die Gleichberechtigung?

Gleichberechtigung ist ein großes Ziel der Gesellschaft. Warum müssen trotzdem immer noch Männer die Wehrpflicht erfüllen und Frauen nicht? Das fragen zwei Schüler der HTL Kramsach für Glas und Chemie im ORF Tirol Redhaus.

Zum ersten Mal in ihrem Leben betreten Daniel und Michelle eine Kaserne. Bei der Standschützenkaserne in Innsbruck bekommen sie einen kleinen Einblick in den Alltag der Grundwehrdiener. Dort lernen sie auch Soldatinnen kennen. Im Unterschied zu den Grundwehrdienern sind sie dem Bundesheer aber freiwillig beigetreten. Warum gilt die Wehrplicht nicht für Männer und Frauen, oder aber für niemanden? Das fragen sich die zwei Schüler.

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Michelle und Daniel, beide 19 Jahre alt, fragen sich warum Gleichberechtigung bei der Wehrpflicht nicht umgesetzt wird

Wehrpflicht in Verfassung geregelt

Herbert Bauer, Militärkommandant Tirols, hat die faktische Antwort für die beiden: „So ist es in der Verfassung geregelt“. Die österreichische Verfassung besagt, dass die Wehrpflicht für männliche Staatsbürger gilt, und sie somit unter das Wehrgesetz fallen.

Dahinter steckt aber mehr, meint Politologin Sabine Gatt. Die Wehrpflicht in Österreich gibt es seit 150 Jahren, dass sie nur für Männer gilt hat vor allem historische Gründe. Früher habe man Frauen das einfach nicht zugetraut, so Gatt. Heute, als Zeichen konsequenter Gleichberechtigung, sei der Unterschied hier nicht mehr zu argumentieren. Eine Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen wäre ein politische Entscheidung. Diese umzusetzen sei aber schwierig, da die Gesellschaft in vielen Bereichen noch nicht komplett gleichberechtigt ist.

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Gleichberechtigung in allen Bereichen

Warum hört die Gleichberechtigung bei der Wehrpflicht auf? Diese Frage hat Michelle und Daniel in die Kaserne nach Innsbruck gebracht.

Seit 20 Jahren haben Frauen aber die Möglichkeit, dem Bundesheer beizutreten. Wo bleibt da die Gleichberechtigung für die Männer, fragt sich Michelle. Unter ihnen gäbe es ja sicher viele, die nicht zum Bundesheer gehen wollen. Sie hätten die Möglichkeit, anstelle des Wehrdienstes den Zivildienst zu wählen, meint Herbert Bauer. Das System mit der Wehrpflicht sei auch durch die Volksbefragung im Jahr 2013 von der österreichischen Bevölkerung bestätigt worden.

Kommt die Wehrpflicht für Frauen?

Ob sich zur Wehrpflicht für Frauen in Zukunft etwas ändere, wollen die Schüler dann noch wissen. Da ist Politologin Sabine Gatt skeptisch. Mit der Möglichkeit, dass Frauen seit 20 Jahren zum Bundesheer gehen können, sei in den letzten Jahren schon viel erreicht worden. Erst vor fünf Jahren fand die Volksbefragung zum Thema Wehrpflicht statt, eine großflächige Diskussion darüber gibt es seitdem nicht. Für eine Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen sei eine politische Debatte aber notwendig. In einer Demokratie könne man Gesetze ändern, darüber müsse man aber reden.

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Politologin Sabine Gatt und Tirols Militärkommandant Herber Bauer stehen den zwei Schülern Rede und Antwort

Herbert Bauer ist anderer Meinung. Er sieht Norwegen als erstes europäisches Land mit Wehrpflicht für Frauen als Beispiel. Auch Schweden hatte auf eine Berufsarmee umgestellt und geht jetzt zurück zur Wehrpflicht. Gleichzeitig weitet Schweden die Wehrpflicht erstmals auch auf Frauen aus. Die gesellschaftspolitische Diskussion in Europa gehe also in diese Richtung, glaubt Bauer.