Anfragen bei Schuldenberatung steigen rasant

In diesem Jahr sind die Anfragen bei der Schuldenberatung Tirol in die Höhe geschnellt. Das hängt mit einem neuen Entschuldungsgesetz und dem Wunsch, zu Jahresbeginn die Finanzen in Ordnung zu bringen, zusammen.

Zu Jahresbeginn steigen die Anfragen bei der Schuldenberatung Tirol immer. Dahinter stecken laut dem Geschäftsführer der Schuldenberatung, Thomas Pachl, oftmals emotionale Gründe. Die Neujahrszeit sei Ansporn für viele, den Sprung in ein schuldenfreies Leben anzugehen, berichtet er.

Neues Gesetz schafft bessere Bedingungen

In diesem Jahr kommt aber ein weiterer Grund dazu, weil seit 1. November eine Privatkonkurs-Reform in Kraft ist. Diese schafft bessere Bedingungen für verschuldete Menschen und erleichtert einen Privatkonkurs. Denn anders als bisher, ist bei einem Privatkonkurs ein lebenslanges Abzahlen des Schuldenbergs nicht mehr notwendig. Seit November haben sich bereits 1.500 Betroffene zur Erstberatung bei der Schuldenberatung gemeldet.

Schneller aus der Schuldenfalle

Neu ist, dass bei Konkursen die Mindestquote für die Rückzahlungen wegfällt und auch die Dauer des Konkursverfahren hat sich verkürzt. Bisher dauerte ein Abschöpfungsverfahren bei einem Privatkonkurs sieben Jahre. Seit November sind es nur noch fünf Jahre, in denen eine verschuldete Person einen gewissen Prozentsatz ihrer Einnahmen an die Gläubiger zurückzahlen muss. Nach diesen fünf Jahren wird die Restschuld dann erlassen.

Österreich war letztes EU-Land mit Mindestquote

Früher hat es außerdem eine Mindestquote bei der Rückzahlung von Schulden gegeben. Das heißt mindestens zehn Prozent der Schulden mussten an die Gläubiger überwiesen werden. Insgesamt seien das dann oft 15 bis 20 Prozent der Schulden gewesen, die jedes Monat von den Betroffen zurückgezahlt wurden, sagt Geschäftsführer Pachl. Als letztes Land der Europäischen Union hat Österreich diese Quote nun abgeschafft. Zusammen mit einem Schuldenberater arbeiten die Verschuldeten jetzt einen Zahlungsplan aus, der dann den Gläubigern vorgelegt wird. So wird zum Beispiel eine Entschuldung mit nur fünf Prozent des Einkommens möglich.

Männer geraten öfter in finanzielle Schwierigkeiten

Rund 3.500 Tirolerinnen und Tiroler betreut die Schuldenberatung momentan, wobei Männer die Hilfe öfter in Anspruch nehmen als Frauen. Die Anfragen zu Privatkonkursen sind schon im zweiten Halbjahr des letzten Jahres um zehn Prozent gestiegen, für 2018 rechnet man aber mit einem Plus von 20 Prozent.

Die Schuldenberatung ist eine Einrichtung des Landes. Die Beratung ist kostenlos. Es gibt Büros in Innsbruck, Imst und Wörgl.

Mit zehn Mitarbeitern allein im Innsbrucker Büro habe man alle Hände voll zu tun. Es gäbe Wartezeiten von drei Monaten, manche Anfragen müssten abgewiesen werden, sagt der Geschäftsführer Pachl in einem Gespräch mit ORF Tirol.

Weniger Einkommen und mangelnder Weitblick

Ex-Unternehmerinnen und Unternehmer, Alleinerziehende und Bezieher von Mindestpensionen sind Hauptklienten in der Schuldenberatung. 600 von ihnen können jährlich saniert werden, der Rest bleibt in der Schuldenfalle.

Gründe für eine hohe Verschuldung sieht Pachl in der Einkommensverschlechterung und auch am fehlenden Weitblick mancher. Er nennt ein Beispiel: Man manche würden die Folgen nicht bedenken, wenn sie von einem „Double Income – no Kids“-Leben (Zwei Einkommen, keine Kinder) in ein „One Income – two Kids“-Dasein wechseln. (Ein Einkommen - zwei Kinder). Auch ein unüberlegter Start in die Selbstständigkeit endet oftmals in roten Zahlen.

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